Kann man wegen einer kopierten Überschrift wie „Abmahnanwältin Günther wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt“ abgemahnt werden?
Abgelegt unter Allgemein, Aufklärung, Fundstück der Woche, Kurioses, Piraten am 02.11.2009YES, WE CAN!
Deutschland, einig Abmahnland, unsere ach so realitätsfernen Minister haben es bis heute noch nicht auf die Latte bekommen, endlich ein eindeutiges Gesetz zum Thema Abmahnungen, Gründe und Kosten zu erlassen.
Deswegen müssen sich immer mehr Gerichte mit immer kurioseren Auswüchsen des zweitältesten Gewerbe der Menschheit herumschlagen.
(Die Rede ist selbstverständlich von Rechtsanwälten; das älteste Gewerbe ist klar die Prostitution. Wobei sich hier manche noch immer nicht so ganz sicher sind, ob denn das Eine nicht gleich dem Anderen ist…)
Was ist geschehen?
Nach dem Urteil des AG Karlsruhe vom 12.08.2009, Az. 9 C 93/09 wurde eine in Deutschland für ihre juristisch zweifelhafte Vergangenheit bekannte Anwältin dazu verurteilt, die Kosten der Gegenseite zu tragen, da das Gericht der Meinung war, sie hätte Beihilfe zu einem (mindestens) versuchten Betrug geleistet.
(Original-Zitat von jur-blog.de)
Da dies eine sehr schöne Nachricht war, die auch Balsam für sehr viele gequälte Seelen ist, haben einige Medien und Blogger dies mit folgender Überschrift veröffentlicht:
Abmahnanwältin Günther wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt
Hm, wie ist das jetzt: stimmt das, oder ist diese Aussage so falsch?
Ich meine, den Artikel auf jur-blog.de hat ein Anwalt verfasst, der das doch eigentlich genau wissen sollte, oder?
Fakt ist der Auszug aus dem Gerichtsurteil:
Bei der Geltendmachung solcher Forderungen für Mandanten handelt es sich um die Beihilfe zu einem versuchten Betrug. Die Belastung der Klägerin mit Anwaltskosten, die durch die außergerichtliche Abwehr dieser Forderung entstanden sind, stellt einen adäquat kausal verursachten Schaden dar, den die Beklagte zu erstatten hat.
Somit KEINE VERURTEILUNG wegen Betrug.
(lediglich die Ausführung des Gerichtes)
Nun, jedenfalls ist mir heute zu Ohren gekommen, daß mein Freund Rene wegen dieser Überschrift eine Abmahnung erhalten hat.
Nicht von der Frau Günther persönlich, die ja auch Rechtsverdreherin Rechtsanwältin ist; nein, von einer anderen Kanzlei.
Hm, warum macht die das nicht selber?
Kann die das nicht?
Will sie das nicht?
Ich meine, ist der Ruf erst ruiniert…
Jedenfalls steht in der Abmahnung drin, daß das gequirlte Kacke ist, die Mandantin sei NIE wegen Betruges verurteilt worden.
Okay, kann ich so nicht beurteilen, aber wenn das ein anderer Rechtsanwalt so bloggt, wie denn nu?
Betrug, nicht Betrug, Beihilfe zum Betrug, Beihilfe zum versuchten Betrug?
Check‘ ich nicht, dazu muß man wohl echt Jura studiert haben und für gewisse unmoralische Vorgehensweisen auch manchmal die Gehirnregion für Sitte und Moral abstellen …
Nun ja, was mich persönlich aber noch an der Sache stört…
die Überschrift alleine lautet ja auf:
Abmahnanwältin Günther…
Ich lese hier keinen Vornamen.
Tja, und Anwältinen mit dem Familien-Namen Günther kann es ja viele geben, oder?
(wer Belege hierzu findet, email me!)
Auch ein lustiges Schmankerl in der Abmahnung:
„… darüber hinaus ehrenrührig ist.“
Hm, krasse Shice das. Abmahnanwältin is okay, aber eine Formulierung, die damals sogar von GOLEM.DE (mittlerweile sicherlich auch wegen juristischem Krams entfernt, aber ich hab‘ das ja noch in meinem Feedreader drin …) so gebracht wurde, soll beleidigend sein?
@Rechtsanwältin Günther oder deren juristischen Vertreter:
kennen Sie das Phänomen, daß Hundescheisse erst dann stinkt, wenn man hineingetreten ist?
Jack Wolfskin hat das vor Kurzem mit dawanda probiert, Seoline mit Sistrix, Ageyo mit mir;
alle erfolglos, und alle haben sich was damit kaputt gemacht:
ihren Ruf
Mir ist durchaus bewußt, daß manchen Rechtsanwälten egal ist, wie ihr Ruf/ihre Reputation gerade ist.
Man sollte dabei aber auch eines bedenken:
ändert sich die Gesetzeslage erst einmal zum Thema Abmahnung/Abzocke (und die Zeichen stehen gut dafür), dann ist es sehr schlecht, wenn der eigene Ruf aus der Vergangenheit alles andere als weiß ist…
Da ich Mitglied der Piratenpartei bin, denke ich, sollte ich dieses Thema auch mal für das Parteiprogramm anregen.
Man muß heutzutage ja schon Angst haben, ohne Rechtsbeistand seine persönliche Meinung im Internet zu veröffentlichen…
(naja, ich mach‘ mir im Moment eher weniger Sorgen, habe ja einen guten Rechtsanwalt 🙂 )
Klar, Rufschädigung hin oder her, aber wenn man sich selbst schon seinen Ruf ruiniert hat, sollte man eher nicht auf „ehrenrührig“ plädieren.
@Rene:
Zähne zusammenbeissen, ich würde an Deiner Stelle NICHT unterschreiben.
Vor Gericht gehen, denn die Abmahnung gegen Privatpersonen (oder bist Du deren Mitbewerber?) ist ja mittlerweile GESETZLICH gedeckelt, und die Summe der Abmahnung, die ich da im Raum stehen sehe (geschweige denn den Streitwert von 10.000 Euro, muhahahaha), ist mir alles andere als koscher.
Halt mich bitte auf dem Laufenden, ich werde da wohl auch mal ein wenig zugucken…
(und die Adresse meines Anwaltes hast Du ja 😉 )
@ alle Blogger und Piraten:
bitte weitersagen oder eigene Meinung dazu veröffentlichen, vielleicht kann sich ja mal einer von Schwarz-Geld dieser Problematik annehmen…
Rene wurden ja schon gerichtliche Eilmaßnahmen angedroht…
Kleiner Schmankerl-Nachtrag der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein:
„… Die Richter des Amtsgerichts Karlsruhe hatten Frau Günther bescheinigt, dass sich diese durch die Einforderung von ungerechtfertigten Forderungen von Internetabzockern einer Beihilfe zum Betrug strafbar gemacht hat und somit auch schadensersatzpflichtig ist.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses Urteil (AG Karlsruhe 9 C 93/09 – rechtskräftig) auch andere Rechtsanwälte abschrecken wird, die Steigbügelhalter für unseriöse Internet-Unternehmen zu spielen. die Abschreckung wird dabei wohl aber nur über den Geldbeutel funktionieren. Laut Staatsanwaltschaft München lagen über 1000 Strafanzeigen wegen Nötigung und Betruges gegen Frau Günther vor. Davon ließ sich diese also schon einmal nicht sonderlich beeindrucken. …“
Hui, da wirds aber langsam ENG mit EHRENRÜHRIG…!